Petra Schmieta-Lüdtke ist im Bildungshaus / Bildungsbüro der Stadt Wolfsburg Projektkoordinatorin für MINT / Fort- und Weiterbildung. Eine Ihrer Aufgaben ist die Förderung der Schulentwicklung von sechs Schulen mit Hilfe des Einsatzes des itslearning LMS, das der Schulträger in einem partizipativen Prozess mit den Schulen ausgewählt hat. Wir haben mit ihr über ihre Aufgabe und die Implementierung eines LMS beim Schulträger und den Schulen gesprochen.
Frau Schmieta-Lüdtke, in welcher Ausgangssituation befanden sich die Schulen, bevor sie sich für die Schulentwicklung mit einem LMS entschieden haben?
Unsere Schulen sind alle mit PC -Räumen ausgestattet und schon vor längerer Zeit haben bereits eine unserer Gesamtschulen Netbookklassen und ein Gymnasium Tabletklassen eingerichtet. Andere Schulen wiederum hatten sich für Notebookwagen entschieden, die allerdings selten von allen Lehrkräften genutzt werden. Die Schulen mit den portablen Geräten waren jedoch aufgrund des unzureichenden Wlan-Empfangs in der Nutzung ihrer Geräte oft eingeschränkt. Interaktive Whiteboards waren aufgrund einer großen Spende auch in fast jeder Schule vorhanden. Die Verwendung der Geräte war aber oft abhängig von dem Knowhow einzelner Lehrkräfte.
Und wie hatte sich diese Zurverfügungstellung von Hardware ausgewirkt?
Häufig wurden die interaktiven Whiteboards nur als Projektionsfläche für Filme genutzt. Medienpädagogische Angebote bezogen sich in den Anfängen eher auf die Präventivthemen wie verantwortungsvoller Umgang mit dem Handy, die sinnvolle Handhabung mit den Medien im häuslichen Umfeld und Cyber-Mobbing. In den weiterführenden Schulen gab es Informatikangebote in Wahlpflichtkursen oder Grundkursen in der Oberstufe. Es war noch keine ausgeprägte Fokussierung auf die Veränderung der Didaktik oder den Lernstrategien mit den neuen digitalen Möglichkeiten zu erkennen. Vor unserem Pilotprojekt „Lernen und Unterrichten mit mobilen digitalen Geräten“ haben sich die Schulen wenig mit der Frage beschäftigt, wie man digitale Werkzeuge als Lernmittel einsetzen kann. Dies lag oft auch an der mangelnden Ausstattung. „Was soll ich mich da weiterbilden, wenn ich es noch nicht nutzen kann?“ war bisher eine verbreitete Grundargumentation – ein vielerorts bekanntes Henne-Ei-Problem.
Mit welcher Strategie haben Sie als Schulträger begonnen, das Problem zu lösen?
Wir haben in Wolfsburg eine innovative Struktur entwickelt. Wir wollten als Kommune nicht mehr nur für die Ausstattung in Schule zuständig sein, sondern unsere Schulen bei den Herausforderungen durch Schul- und Qualitätsentwicklung unterstützen. Der Geschäftsbereich Schule und das Bildungsbüro der Kommune organisieren Netzwerktreffen, Fortbildungen und fördern den Austausch zwischen den Institutionen der formalen und nonformalen Bildung.
„Die langfristige Verbesserung der Unterrichtsqualität und die Gewähr, dass alle Kinder und Jugendlichen in einer digital geprägten Lebens- und Arbeitswelt teilhaben können, ist das gemeinsame Ziel der Schulen und des Schulträgers Wolfsburg.“
Natürlich gehört zu Beginn die Lösung technischer Grundfragen dazu: Welche technischen Lösungen gewährleisten Wlan in jedem Klassenraum, ein funktionierendes Identitätsmanagement, IT-Sicherheit, die den Datenschutz berücksichtigt etc… Sechs Pilotschulen wurden ausgewählt, mit denen wir die Anforderungen definierten. Bei der Entwicklung der pädagogischen Konzepte werden die Schulen von uns begleitet. Die Entscheidung für das itslearning LMS, das Teil der Strategie ist, war als partizipativer Prozess angelegt. Es wurden mit den Schulen im Dialog Kriterien definiert, die ein LMS erfüllen sollte. Da waren am Ende nur noch moodle und itslearning im Rennen. Die Abhängigkeit der Schule von einer einzigen Lehrkraft, die sich in die Nutzungsmöglichkeiten von moodle eingearbeitet hat, war unter anderem ein Faktor, weswegen man sich gegen moodle entschieden hat. Im Gegensatz zu moodle bietet itslearning neben Dienstleistungen technischer Art auch die pädagogische Konzeptberatung und Schulungen vor Ort, sodass die Schulen umfassender begleitet werden können. Ein weiterer Aspekt war die Möglichkeit, bei itslearning Curricula einzubinden. Natürlich, wenn wir die Qualitätsentwicklung an unseren Schulen unterstützen wollen, möchten wir in der Lage sein, den Schulen neue dynamische Wege für die Curriculum-Arbeit interessant zu machen.
Als sehr hilfreich empfinden wir, dass itslearning direkt an den Schulen pädagogische Fortbildungen durchführt, die das Projekt voranbringen. Zusätzlich organisieren wir als Kommune Netzwerktreffen vor Ort, um die Gelegenheit für einen Austausch zu bieten. Wir erleben den Effekt, dass die Schulen sich untereinander anspornen und auch beginnen, außerhalb der Projekttreffen sich auf kurzem Dienstweg auszutauschen.
Wie wirkt das Projekt auf die Schulen?
Vor allem die Schulen, die viele Kolleg*innen haben, die eine hohe Affinität zum Lernen mit digitalen Geräten besitzen, empfinden das Projekt als eine große Bereicherung. Außerdem haben wir gelernt, dass die Schulleitungen eine immens wichtige Rolle bei der Implementierung einnehmen. Das Thema LMS darf nicht ganz schnell an den oder die IT-Zuständige der Schule delegiert werden. Besonders gut funktioniert eine Implementierung eben dann, wenn es an eine Gruppe innerhalb des Kollegiums übergeben wird, die sich für das pädagogische Konzept verantwortlich fühlt und von der Schulleitung unterstützt wird. Die Einführung des LMS ist dort dann ein richtiger Baustein der Schul- und Unterrichtsentwicklung. Das ist sicherlich eine unserer wichtigsten gemeinsamen Lernkurven. Dann ergeben sich natürlich auch immer wieder Grundfragen, wie zum Beispiel die: Wie werden die Benutzerdaten aus unserem Schulverwaltungssystem Sibank an das LMS itslearning übertragen? Auch dazu müssen Prozesse von uns als Schulträger abgestimmt werden, denn wir bewegen uns in einem Feld mit vielen unterschiedlichen Zuständigkeiten. Wir sind mittendrin auf diesem Weg und verändern uns gemeinsam.
Am 1. Oktober findet die regionale itslearning Nutzertagung Niedersachsen statt. Worauf freuen Sie sich dort besonders? Was möchten Sie dort lernen?
Ich war bereits auf zwei itslearning Nutzertagungen, diese erweiterten immer den Horizont und sind der geeignete Ort, um die vielen Vorteile von itslearning für verschiedene Schulentwicklungsthemen kennen zu lernen. Auf der anderen Seite ist es unglaublich wertvoll, den Austausch mit Leuten zu haben, die Ähnliches machen wie wir. Eine der viel diskutierten Fragen ist dann doch immer wieder: Wie bekommt man es trotz der bisher wenig dafür ausgelegten Strukturen hin, erfolgreich zu arbeiten und die Prozesse zu verbessern? Ich freue mich auf den fachlichen Austausch und die inspirierende Community. Die regionale Nutzertagung ist auch für unsere Schulen eine hervorragende Gelegenheit, über den Wolfsburger Tellerrand hinauszublicken.
Sie halten mit Herrn Gülzow von der Wolfsburger Schul-IT einen Workshop auf der Tagung. Worum geht es da?
Teilnehmer*innen erfahren in dem Workshop, wie die Stadt Wolfsburg das Lernen mit digitalen Medien an ihren Schulen fördert. Voraussetzung dafür ist ein gemeinsames Verständnis von digitaler Bildung. Die Schulen und der Schulträger müssen sich gegenseitig verstehen lernen. Der kontinuierliche Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren in Schule und der Stadt als Schulträger war und ist dafür die Grundlage. Themen wie: Warum brauchen die Schulen eine bestimmte Ausstattung? Welche pädagogischen Überlegungen sind die Basis? Warum können die Wünsche der Schulen von der Stadt nicht immer und vor allem nicht einfach von heute auf morgen erfüllt werden? Hier wurde durch das Projekt für beide Seiten mehr Transparenz geschaffen. Das Bildungshaus spielte dabei auch eine zentrale Rolle.
Es geht in dem Wlan-Projekt der Stadt Wolfsburg nicht nur darum, Schulen die finanziellen Mittel für Hard- und Software bereitzustellen, sondern, Anstöße für die Schul- und Unterrichtsentwicklung zu geben und die Schulen bei der Erstellung ihrer Medienkonzepte zu unterstützen. Darüber möchten wir uns Feedback von anderen Schulträgern und Schulen einholen und unseren Weg zur Diskussion stellen.
Mehr Infos
Schulträger Wolfsburg
https://www.wolfsburg.de/bildung
Das Projekt „Lernen und Unterrichten mit mobilen digitalen Geräten“
https://wolfsburgdigital.org/projekte/
Mehr Infos und Anmeldung zur regionalen Nutzertagung Niedersachsen am 1. Oktober:
Anmerkung der Redaktion: Eigentlich wollten wir dem Artikel diesen Titel geben: Für die Entwicklung von Schulen braucht es neben dem Kämmerer einen Kümmerer. Da es in Niedersachsen aber sofern wir wissen, keine Kämmerer gibt und auch der Titel zu lang gewesen wäre haben wir uns dagegen entschieden. Bitte hinterlassen Sie uns gerne ein Kommentar, ob Sie doch einen Kämmerer in Niedersachsen kennen oder wie Sie das Vorgehen der Stadt Wolfsburg finden.