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Aufzeichnung #itstalk: Digitale Bildung & Schulentwicklung


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Am 20. Januar 2016 fand unter dem Titel Digitale Bildung & Schulentwicklung der erste #itstalk statt. ExpertInnen aus Wissenschaft, Schule und Politik diskutierten in diesem Online-Podium ihre Erfahrungen, Beobachtungen und Lösungen der Frage, wie Digitale Bildung an Schulkollegien besser in die Breite wirken könnte.

Wir haben dieses exklusive Event für Sie aufgezeichnet (1:26h).


  

Sie finden hier außerdem eine Beschreibung der DiskutantInnen sowie eine Zusammenfassung des Diskussionsverlaufs. Offen gebliebene Fragen der DiskussionsteilnehmerInnen finden Sie am Ende dieser Seite. Bitte hinterlassen Sie dort auch Ihre Meinung oder Erfahrung! Vielen Dank.

Es diskutierten:

  • Dr. Ramona Lorenz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der TU Dortmund, Leitung Projekt Schule digital – der Länderindikator
  • Saskia Esken (MdB), seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Für die SPD-Bundestagsfraktion arbeitet die Informatikerin im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie im Ausschuss Digitale Agenda.
  • André Sonnenburg, arbeitete als Lehrer an der Oberschule an der Schaumburger Straße in Bremen. Jetzt ist er als didaktischer Leiter und stellv. Schulleiter an der Oberschule Habenhausen tätig, wo er unter anderem transparent und strukturiert eine Lernplattform implementiert.
  • Richard Heinen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LearningLab der Universität Duisburg-Essen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Schulentwicklung, Lerninfrastruktur und Medienintegration sowie Unterstützungswerkzeuge für Lehrkräfte.

    Moderation: Peter Sidro (itslearning Marketing & Vertrieb)

Zunächst steuerte jede/r DiskutantIn in knappen drei Minuten ihren/seinen Input zum Thema bei:

Frau Dr. Lorenz erläuterte die Bedeutsamkeit des Themas, die sich sich unter anderem mit der ICLS-Studie von 2013 nachweisen lässt: 8-Klässler in Deutschland lägen danach nur im mittleren Leistungsspektrum in der Anwendung digitaler Medien. In keinem anderen Vergleichsland würden Computer seltener im Unterricht genutzt als in Deutschland.

Dr. Lorenz, ifib 

Wie in der Folie sichtbar, verdienen beim Thema der „Digitalen Bildung“ im Kontext der Schulentwicklung die Themenfelder Technologieentwicklung sowie Kooperationsentwicklung besondere Aufmerksamkeit. Entwicklungen in einem Bereich sind immer in Verbindung mit den anderen Bereichen zu sehen.
In der Studie „Schule digital – Der Länderindikator 2015“ wurden drei Bundesländer identifiziert, die besonders weit in diesen Themenbereichen fortgeschritten sind. Diese sind Bremen, Hamburg und Rheinland-Pfalz.

Saskia Esken (MdB) stimmt zu, dass Schulentwicklung entscheidend im Kontext der Digitalen Bildung sei. Es ginge mehr um den Mut vor Ort in den Schulen als um die rein technische Ausstattung. Die Aufgabe der Bundespolitik sei unter anderem, das Thema zu befördern und gleichzeitig Fehlentwicklungen zu vermeiden. Vor allem müsse die soziale Spaltung in Schule und in der Gesamtgesellschaft verhindert werden.


Saskia Esken MdB

Die Hausaufgaben des Bundes sieht sie bei Änderungen des Urheberrechts, Bereitstellung digitaler Unterrichtsmaterialien wie Open Educational Ressources (freie Unterrichtsmaterialien) sowie der Zusammenarbeit mit der Lenkungsgruppe der KMK. Gesamtgesellschaftlich spiele auch besonders der für 2016 ausgerufene IT-Gipfel eine wichtige Rolle. Kompetenzen der Bildungspläne sollten von den Ländern entsprechend Herausforderungen der souveränen Teilhabe an der digitalen Gesellschaft verpflichtend in den Bildungsplänen verankert werden. Eine gewisse Austattung sei selbstverständlich dafür notwendig. Die Leherbildung müsse viel stärker mediendidaktisch ausgeprägt sein, ebenso sollten schulorganisatorische Prozesse besser durch digitale Lernplattformen unterstützt werden.

André Sonnenburg begleitet einerseits seitens des Landesinstituts für Schule Bremen mehrere Schulen bei der Einführung einer Lernplattform nach individuellen Zielen und kann dabei auf eigene Erfahrungen aus Implementierungsprozessen zweier Schulen zurückgreifen.

André Sonnenburg

Seiner Erfahrung nach müssen möglichst viele Kollegen mit deren unterschiedlichen Sichtweisen mit einbezogen werden, Ängste mit diesem neuen Themenfeld aus dem Weg geräumt werden um dann ein gemeinsames Vorgehen definiert werden. Ein Datenschutzkonzept, das von oberster Stelle und dem Personalrat abgesegnet ist, sei eine weitere positive Rahmenbedingung in Bremen.

Einen eher praktischen Forschungsansatz verfolgt das LearningLab der Uni Duisburg-Essen. Richard Heinen fordert einen radikalen Richtungswechsel. Es müssen stärker die zentralen Themen wie individuelle Förderung, Heterogenität, Inklusion oder Kompetenzorientierung in Augenschein nehmen, wenn wir über Digitale Bildung sprechen. Die Forderung nach mehr digitaler Bildung alleine sei ohne diesen Blick nicht zielführend. Eine Strategie und folglich die Lernkultur zu ändern sei eigentlich das zentrale Thema, was nur mit einem langjährigen Schulentwicklungsprozess zu erreichen sei. Ein solcher Prozess müsse in kleinen Schritten erfolgen. Ein guter Weg sei eine Vernetzung lokaler Akteure und Schulen, so dass mehrere Schulen mit dem Schulträger gemeinsam einen Plan erarbeiten und umsetzen können.

Richard Heinen

Folgende Themen wurden im weiteren Verlauf diskutiert (Auszug): 

  • Medienkonzept als Grundlage für die technische Ausstattung
  • Kooperation in Lehrerkollegien als einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren: der beste Fortbildner sei der kollegiale Lehrer.
  • Bisherige Fortbildungsangebote decken methodisch-didaktische Fragen digitaler Mediennutzung anscheinend noch zu wenig ab.
  • Oft gibt es Medienkonzepte, die nicht gelebt sind und nur auf die technische Ausstattung fokussieren. Diese müssten mehr Dynamik und Flexibilität und den Austausch zwischen Schulen und Schulträgern beinhalten. 
  • Instrumente, die an der Schule erfolgreich sein können, sind beispielsweise die Koopeartion in Fachgruppen oder das Setzen von Schülern als ExpertInnen. Fortbildungen müssten individueller an die Schule kommen. Ein weiterer Lösungsweg sei es, Lehrkräften zunächst in einem geschlossenen Bereich untereinander Erfahrungen sammeln können, um mehr Selbstvertrauen beim Umgang mit digitalen Medien zu gewinnen.
  • Eine Atmosphäre schaffen, in der KollegInnen sich ohne Ängste an andere KollegInnen wenden können und wollen. Dies kann zum Beispiel ein „didaktischer runder Tisch“ sein, dieser legt genau den richtigen Schwerpunkt, dass es in erster Linie um didaktische Fragestellungen geht, nicht um technische.
  • Eine positive Entwicklung: Dr. Lorenz stellt fest, dass das Bewusstsein und die Haltung der Lehrkräfte dem Thema gegenüber sich in den letzten zwei Jahren (seit ICLS) bereits geändert hätte. Das selbstverständliche, mobile Arbeiten im Klassenraum macht es zunehmend den Lehrkräften einfacher, so gewinnen sie mehr Selbstvertrauen. Außerdem rückt das Thema mehr und mehr in die Öffentlichkeit, was eine zusätzliche Legitimation für die Lehrkräfte bedeutet, die vorher noch mit großen Widerständen im Kollegium rechnen mussten.
  • BYOD könne auch ein sehr relevantes Instrument für Schulentwicklung sein. Das Handyverbot sollte umgewandelt werden in eine geregelte Nutzungsordnung, die betont, dass die Nutzung von Schülergeräten ausdrücklich erwünscht ist. Dies schaffe mehr Legitimation und sei ein positives Signal im Lehrerkollegium.

Zum Ende der Diskussion erreichte uns eine Lehrer-Stimme aus Südtirol mit einer Warnung: Schüler säßen im relativ gut ausgestattenen Südtirol bereits 8 Stunden pro Tag am Bildschirm. Schule sollte folglich auch in Curricula verankert haben, dass ein Ausgleich für die digitale Mediennutzung exisitert. Blended Learning-Konzepte seien hierfür der richtige Weg. Bringen wir diese in die Breite!

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