
Auch wenn die Fortschritte nicht so vorankommen, wie sich das alle Beteiligten wünschen – eines hat das KMK-Strategiepapier Bildung in der digitalen Welt auf jeden Fall bewirkt: Immer mehr Schulträger engagieren sich aktiv für den digitalen Wandel an ihren Schulen. Am erfolgversprechendsten sind dabei offenbar diejenigen, die die Schul- und Unterrichtsentwicklung gemeinsam mit den Schulen planen und sich dabei von kompetenten Partnern unterstützen lassen.
Die Aufgaben und die Rollen von Lehrkräften und von Schulen ändern sich durch die Digitalisierung dramatisch und es ist längst kein Geheimnis mehr: Die Schulen stoßen an ihre Grenzen, wenn sie den digitalen Wandel allein gestalten sollen. Um all die Anpassungsprozesse zu bewältigen und die Chancen digitaler Medien für die Schul- und Unterrichtsentwicklung nutzen zu können, brauchen sie dringend Unterstützung – und zwar von ihren Schulträgern.
„Viele werden von ihren Kommunen noch unzureichend unterstützt, etliche Kommunen sind dagegen sehr aktiv, fragen bei den Schulen Bedarfe ab und suchen die Zusammenarbeit“,
sagt Michaela Weiß vom Forum Bildung Digitalisierung.
Appell an die Schulträger:
Tut Euch mit den Schulen zusammen
Aber auch den Schulträgern, hat Weiß festgestellt, fehle es häufig an Orientierung und Unterstützung, weil auch sie oft überfordert seien und nicht genau wüssten, welche Unterstützung erforderlich sei:
„Welche technische Ausstattung passt für welches pädagogische Konzept, wann sind externe Anbieter einzubinden und was müssen die können, wann ist mehr Personal, wann Entlastungsstunden, Anerkennung und Ermutigung gefragt?“ Weiß‘ Botschaft an die Schulträger: „‘Tut Euch mit den Schulen zusammen!‘.
Diese Überzeugung prägt die Arbeit des Forum Bildung Digitalisierung:
„Der Austausch zwischen Schulen und Schulträger muss positiv gewendet werden, weg von gegenseitigen Schuldzuweisungen hin zu gemeinsamer Entwicklung von Schule und Unterricht.“
Diese Zusammenarbeit zu fördern ist das Ziel des Forums. In einer Serie von Workshops sollen Schulen und Schulträger
„gemeinsam Schulentwicklungsbausteine erarbeiten, die dann bundesweit wie Keimzellen als Grundlage für die eigene Entwicklungsarbeit genutzt werden können“.
Natürlich gibt es keine Ideallösung, sondern jede Schule und jeder Schulträger haben ihre ganz eigenen Rahmenbedingungen. Davon kann Dr. Anja Zeising von der ifib consult GmbH ein Lied singen, denn sie erstellt im Auftrag von Schulträgern Medienentwicklungspläne. Wenn Zeising ihre Bestandsaufnahme über Basisinfrastruktur und WLAN-Versorgung bis hin zu schulindividuellen Softwareprodukten abgeschlossen hat, gleicht keines ihrer daraus abgeleiteten Sollkonzepte dem anderen.
Ständiger Balanceakt zwischen individuellen
Anforderungen und allgemeiner Qualitätssicherung
„Wir befinden uns in einem ständigen Balanceakt zwischen individuellen Anforderungen von Schulen und einer allgemeinen Qualitätssicherung“,
sagt Zeising. Bei aller Anerkennung für das Engagement einzelner Schulen plädiert Zeising doch eindeutig für eine schulübergreifende Infrastruktur als Basis:
„Kommunale Rechenzentren stehen ja häufig ohnehin zur Verfügung und könnten um die Schul-IT erweitert werden“.
Zusätzlich sieht Zeising die Schulentwicklungsprozesse erschwert durch die ganz unterschiedlichen Zuständigkeiten: Um Ausstattung und Betrieb kümmern sich die Schulträger, u.a. Fortbildung und medienpädagogische Beratung liegt bei den Landesinstituten oder Medienzentren, die Kerncurricula machen die Kultusministerien, die Unterrichtsentwicklung schließlich die Schulen. „Hier klappt die Zusammenarbeit oft nicht optimal“, beobachtet Zeising.
Michel Smidt nennt noch ein anderes Argument, warum es besser ist, dass die Schulträger sich stärker engagieren:
„Es ist eine Ressourcenfrage, ob man 50 Lernplattformen oder eine schulübergreifende vorhält und ob man entsprechend viele Lehrkräfte für Betrieb und Wartung bindet oder sie stattdessen ihren eigentlich Job machen lässt: das Unterrichten.“
In Zeiten eines steigenden Lehrermangels insbesondere in MINT-Fächern ein überzeugendes Argument. Smidt, der als Produktmanager Education bei Univention arbeitet, einem Bremer Hersteller einer Identitätsmanagementlösung, sorgt für Betrieb und Management von IT-Strukturen und steht vor allem dafür, unterschiedliche IT-Lösungen einfach kombinierbar zu machen – eine Herausforderung, die ausgerechnet viele IT-engagierte Schulen davor zurückschrecken lässt, sich auf neue Systeme und Verfahren einzulassen.
Schulträger sind daher inzwischen auch für Smidt die wichtigsten Ansprechpartner, denn
„sie sind ohnehin für bauliche und IT-Infrastruktur zuständig, haben also mehr Knowhow als die Schulen selbst“.
Auf der anderen Seite, darüber ist sich Smidt vollkommen klar, brauche man den intensiven Austausch mit den Lehrkräften, die am Ende davon profitieren sollen. Die Zugänge und die Nutzung müssten so einfach und kleinschrittig wie möglich sein, damit
„im Idealfall der Aufwand für die Lehrkraft so einfach ist, als würden sie ein Blatt Papier zur Hand nehmen“.
Dabei arbeitet Smidt gerne mit itslearning zusammen, ein international stark aufgestellter und zunehmend auch in Deutschland gefragter Partner für die pädagogische Ausstattung mit Lernmanagementsystemen.
„Unser Ansatz ist, zwischen Schulträgern und Schulen mit zu vermitteln, wie Prozesse auch schulübergreifend gestaltet werden können. Mit den derzeitigen neuen Generationen von Curricula ergeben sich zahlreiche Synergie-Effekte, Schulen intern, aber auch übergreifend auf einer gemeinsamen Plattform arbeiten zu lassen“,
sagt Stephan Delkus, Kundenberater und Vertrieb bei itslearning.
Die digitale Schule ist für Schulträger
keine unlösbare Aufgabe mehr
Natürlich bleibt auch bei schulübergreifenden Lösungen genug für die Schulen zu tun. Immerhin müssen sie die Umsetzungskonzepte zum Medienentwicklungsplan aufsetzen. Wie die Unterstützung seitens des Schulträgers aussehen kann, ist bei der KSM Kommunalservice Mecklenburg AöR zu sehen. Dort ist man seit eineinhalb Jahren zusätzlich zu den bisherigen IT-Aufgaben für das Einwohnermeldeamt oder das Sozialamt mit der Aufgabe des Aufbaus von Schul-IT-Lösungen für die Schulen in kreislicher Trägerschaft betraut worden. Gestartet wurde mit zwei Pilotschulen, für die eine pädagogische Oberfläche für den Unterricht sowie zentralisiert und rechtssicher eine ortsunabhängige Verwaltungsoberfläche entwickelt wurde.
„Darüber kann dann eine Lernplattform, wie beispielsweise die von itslearning oder eine Schnittstelle zwischen Schule, Lehrkräften und Elternhaus und für individualisiertes Lernen laufen“,
sagt der KSM-Verantwortliche Thomas Sachs. Die grundlegende technische Hürde sei genommen, jetzt gehe es in die Detailarbeit.
Die KSM agiert aber nicht allein. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim hat als Schulträger eine Projektgruppe in Zusammenarbeit mit der KSM sowie interessierten Lehrkräften gebildet. Sie soll den Prozess begleiten und kontinuierlich verbessern – im Zweifelsfall auch mal Verfahren einstellen, wenn sie sich nicht bewähren.
„Unser Interesse ist, die Lehrkräfte so viel wie möglich mitzunehmen“,
sagt Sachs. Zu diesem Zweck werden neben der Arbeit in der Projektgruppe beispielsweise lokale Fortbildungen angeboten oder interaktive Tafeln mit Whiteboard Flügeln für die analoge Nutzung als Tafel ausgestattet.
„Die Kommunikationsstruktur hat sich inzwischen digitalisiert, die Lehrkräfte nehmen das aber nicht als Nachteil wahr, sondern sehen es als Entlastung“,
beschreibt Sachs erfreut die ersten Erfolge. Bei diesem Vorgehen sei
„die digitale Schule für Schulträger keine unlösbare Aufgabe mehr.“
Weiß, Zeising, Smidt und Sachs sind sich bei all ihren unterschiedlichen Perspektiven einig darin, dass es für zentrale Lösungen von den Schulträgern zusammen mit den Schulen entwickelt und gemeinsam mit externen Partnern organisiert viele gut Gründe gibt: so ist die technische Ausstattung und Betreuung sachkundiger, die Lehrkräfte werden um eine berufsferne Aufgabe entlastet, finanziell ist eine schulübergreifende Lösung kostengünstiger und letztlich fördern die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur und der Austausch über pädagogische Lösungen die ohnehin angestrebte schulübergreifende Kommunikation.
Die Schulträger sind das Bindeglied und damit auch der Schlüssel für den erfolgreichen Wandel von Schule und Unterricht im digitalen Zeitalter.
Dieser Beitrag erschien erstmalig am 13.11.18. Das Verwenden von Textpassagen mit Quellangabe ist erlaubt.